Hochsensibilität heißt nicht, dass man einfach nur extrem sensibel ist und wegen jeder Kleinigkeit losheult... neeneeeee... da steckt was anderes hinter. Ich fasse mal grob zusammen:

Die Sinne (ein oder mehrere) sind empfindlicher und das Gehirn verarbeitet die Informationen anders.

- Hören. Ein ungewöhnlich feines und daher schmerzempfindliches Gehör. Straßenlärm kann unerträglich sein.

- Schmecken. Man schmeckt einfach ALLES raus, was zum starken Aussortieren von Lebensmitteln und Getränken führt.

- Riechen. Eine ungewöhnlich feine Nase lässt einen fast wie ein Hund :-D die schwächsten Gerüche wahrnehmen.

- Fühlen / Haut. Prinzessin auf der Erbse. Jeder kleinste Fussel in der Socke stört, zu viele Stoffe kratzen, Strumpfhosen sind die Hölle.

- Sehen. Man nimmt einfach Alles wahr. Jede Kleinigkeit. Man ist nicht in der Lage, "einfach vor sich hin zu spazieren", sondern man macht sich über alles Gesehene Gedanken und das Gehirn hat höllisch zu tun, alles abzuspeichern und/oder zu verarbeiten.

- Einfühlungsvermögen, Wahrnehmung anderer Dinge. Im Tierreich bekannt (z.B. Gefahr wittern...)! Beim Menschen belächelt. Es geht von ungewöhnlich starkem Einfühlungsvermögen bis zur Wetterfühligkeit oder gar Ahnungen etc (genau das wird ja belächelt).


Mehrere Begriffe, die immer wieder fallen:

Schüchtern
introvertiert, still
ängstlich
gehemmt
erschreckbar
überempfindlich
vorsichtig
langsam und nachdenklich
mäkelig
hilfsbereit
depressiv
aggressiv
gewissenhaft, pedantisch
jammerig wenn krank
oft kleine Kränklichkeiten
menschenscheu
nicht anpassungsfähig
komisch
...

natürlich treffen diese Aussagen auch auf "normale" Menschen zu, aber nicht in der Intensität oder/und Masse.

Hochsensible Menschen überreizen unheimlich schnell. Viele Menschen um einen herum überreizen einen mit diversen Dingen und man zieht sich zurück oder bleibt von vornherein am Rand. Sie haben ein reges Gefühlsleben, das wegen teils heftiger Gefühlsausbrüche von allen zu sehen ist (Aggressionen, Depressionen, Freude, Liebe...) und haben viele gute und schlechte Träume, die in Farbe sind etc, von Realität kaum zu unterscheiden. Einige hochsensible Kinder sprechen nicht mit jedem. Manche brauchen räumliche Begrenzungen. Vieles entwickelt sich erst in der Pubertät richtig.

Viele gelten als nicht anpassungsfähig. Zwingt man sie dazu, wird es nur noch schlimmer und atet in Aggressionen und Depressionen aus. Fehlendes Verständnis und nicht darauf eingehender Umgang lassen die meisten hochsensiblen Menschen psychisch erkranken (meistens Depressionen).

Wenn einem so ein Mensch begegnet, ist das verkehrteste, was man sagen kann: "reiß Dich mal zusammen" "Du musst Dich dazu zwingen" "andere sind nicht so" "das ist doch Quatsch" u.ä., die perfekte Reaktion ist, einfach zu glauben, was der andere fühlt, es zu respektieren und entsprechend Rücksicht zu nehmen. Beispiel: ein Kind, welches ohne Mutter einfach nicht in der Gruppe im Schwimmbad ins Wasser will, also so wirklich gar nicht, "muss da nicht einfach durch", sondern die Mutter muss mit. Das besondere Gefühlsleben eines hochsensiblen Menschen geht nicht dadurch weg, dass man es wegerziehen möchte... das klappt nämlich nicht.



Jeder hochsensible Mensch hat seine eigene "Mischung" an empfindlichen Sinnen. Es gibt welche mit nur einem empfindlichen Sinn, es gibt welche mit mehreren und es gibt welche mit sehr vielen (und die haben die "Arschkarte"). Bei manchen ist es nur gering, bei manchen ist es extrem ausgeprägt. Und nein, es ist keine Krankheit und lässt sich nicht behandeln... man kann nur lernen, damit umzugehen.

In einem Buch über die Hochsensibilität las ich u.a. von extremen Beispielen. Eines: ein Baby war nur ruhig und zufrieden, wenn es in seinem Laufstall war. Die Mutter war einfühlend und das Kind lebte 2,5 Jahre glücklich in seinem Laufstall, bis es den von selber verließ.


Was hat sich die Natur nur dabei gedacht? Ich finde die Erklärung recht einleuchtend: Als der Mensch langsam zum Menschen wurde und in immer intelligenteren Sippen lebte, gab die Evolution nochmal eins drauf. Um das Überleben der Sippe zu sichern, gab es hochsensible Mitglieder, die Gefahren erkennen und Risiken einschätzen konnten, die für Ausgeglichenes Verhalten in der Sippe sorgten, die sich um Kranke kümmerten und sie immer öfter heilten, etc. Heiler, Schamanen, Seher, Anführer, später auch Hexen, Künstler, Kund- und Botschafter...
Heutzutage sind hochsensible Menschen überwiegend ungeliebt, insbesondere im Arbeitsleben, denn dort herrscht auch in sozialen und künstlerischen Bereichen das Ellenbogenprinzip.

Hier und dort kann man mehr darüber lesen. Und z.B. dieses Buch ist sehr aufschlussreich.



Der Rabenbub und ich sind hochsensibel. Ich habe natürlich erst jetzt durch die Probleme mit dem Rabenbub erfahren, dass mich das auch trifft... ich habe eine kleine "Arschkarte" und bin fast voll betroffen, nur die belächelten "Ahnungen" etc. habe ich nicht. Endlich ist mir klar, warum ich immer so anders war/bin.